Wenn sich Gefängnistüren einmal hinter einem Verbrecher schließen, öffnen sie sich normalerweise erst nach dem Absitzen der Strafe wieder. Yoshie Shiratori sah es aber gar nicht ein, so lange zu warten. Tatsächlich gelang es ihm sogar unglaubliche vier Mal, alle strengen Sicherheitsvorkehrungen verschiedener Gefängnisse zu überwinden und so als “Mann, den kein Gefängnis halten konnte” in die Geschichte Japans einzugehen.
In diesem Beitrag berichten wir euch nun, mit welchen heftigen Skills und abenteuerlichen Tricks der verurteilte Verbrecher es schaffen konnte, die Justiz immer wieder zu überlisten. Also bleibt dran, hier bei Wissenswert! Ach, und schreibt uns bei dieser Gelegenheit doch mal in die Kommentare, ob ihr Gefängnisstrafen noch für zeitgemäß haltet.
Die unfassbare Story hinter dem Verbrecher, den kein Gefängnis halten konnte
Yoshie Shiratori wurde im Jahr 1907 im japanischen Aomori geboren und schlug sich in seiner Jugend und als junger Erwachsener mit den verschiedensten Jobs durch. So arbeitete er zum Beispiel als Verkäufer in einem Tofu-Geschäft oder fuhr als Fischer bis nach Russland, wo er Krabben fing und verkaufte. Aber so richtig konnte sich Yoshie mit keinem seiner Jobs anfreunden, und so wechselte er immer wieder seine Arbeitsstelle und versuchte etwas Neues. Als er dann irgendwann merkte, dass er in nichts so richtig gut zu sein schien, fing der Japaner an, sich seinen Lebensunterhalt durch Glücksspiel und Diebstähle zu verdienen.
Er verübte zwar keine schweren Verbrechen aber da Yoshie sich natürlich mit zwielichtigen Leuten abgab, wurde er plötzlich zu Unrecht beschuldigt, einen Raubüberfall und Mord begangen zu haben.
So kam es zu Yoshies Ausbrüchen
Obwohl der Kleinkriminelle in dieser Hinsicht unschuldig war, wurde er 1936, im Alter von 29 Jahren, in das Aomori-Gefängnis in seiner Heimatstadt eingesperrt. Natürlich wollte Yoshie, wie vermutlich alle anderen Gefangenen auch, hier nicht bleiben – und so fing er an, einen Ausbruchsplan zu schmieden.
Ausbruch Nr. 1
Hierzu beobachtete der Häftling von seiner Zelle aus jeden einzelnen Tag über mehrere Monate hinweg akribisch den Tagesablauf der Wärter und prägte sich jede Kleinigkeit ein. Nachdem Yoshie genau wusste, wann und wie lange das Gefängnispersonal außer Sichtweite war, entfernte er den Metalldraht, der als Henkel für seinen Badeeimer diente, bog sich diesen zurecht und knackte damit das Schloss seiner Zelle. Vorher legte er außerdem noch Bretter in sein Bett und deckte diese zu, sodass es von außen so aussah, als ob er noch in seinem Bett läge und schlief. Danach gelang es ihm dann tatsächlich, unbemerkt aus dem Gefängnis zu entkommen.
Yoshies Ausflug in die Freiheit sollte allerdings nicht lange andauern. Schließlich hatte er kein Geld oder Essen dabei und musste sich irgendwo versorgen. So versuchte der Verbrecher, sich etwas Nahrung in einem Krankenhaus zu stehlen. Hierbei wurde der Japaner erwischt und festgenommen und landete schon drei Tage nach seiner Flucht wieder im Aomori-Gefängnis. Dort musste er einige Jahre unter strengen Sicherheitsvorkehrungen verbringen, bis 1942 entschlossen wurde, dass Yoshie für den Diebstahl und seinen Ausbruch eine noch härtere Strafe bekommen sollte. Und so wurde der Häftling dann 1942 für eine lebenslange Freiheitsstrafe in das Akita-Gefängnis verlegt.
Ausbruch Nr. 2
In diesem Gefängnis kam der Verbrecher sogar in eine spezielle Zelle, die als komplett ausbruchssicher galt. Die Zelle, die extra für gewiefte Ausbrecher konzipiert war, hatte eine sehr hohe Decke, Wände aus glattem Kuper und lediglich ein kleines Oberlicht. Trotzdem gelang es Joshie mit nächtelangem Training, irgendwann die glatten Wände emporzuklettern und das kleine Fenster oben zu erreichen. Da das Holz des Fensterrahmens mit der Zeit immer morscher wurde, lockerte der Verbrecher dieses jede Nacht Stück für Stück, bis er schließlich das Fenster in der Decke öffnen konnte. Yoshie wusste allerdings, dass die Wachen ihn hören würden, wenn er auf das Dach klettern und über dieses weglaufen würde. Also wartete er so lange, bis es eines nachts heftig stürmte, und floh schließlich unbemerkt in die eisige Kälte.
So einfach wie beim ersten mal ließ sich Yoshie dann auch nicht wieder einfangen. Tatsächlich schlug er sich ganze drei Monate in Freiheit durch und ging dann selbst zum Haus eines seiner ehemaligen Wärter. Der Wärter war die einzige Person, die während seines Gefängnisaufenthaltes nett zu Yoshie war, und daher erhoffte sich dieser Hilfe von ihm. Yoshie wollte nämlich mit ihm gemeinsam gegen die Ungerechtigkeit des japanischen Justizsystems vorgehen. Zu seinem Pech rief der Wärter allerdings die Polizei und Joshie wurde wieder verhaftet.
Ausbruch Nr. 3
Der 35-jährige wurde anschließend in das Habashiri Gefängnis verlegt, das nördlichste und härteste Gefängnis des Landes. Hier musste Yoshie in einer Außenzelle bei extremer Kälte auf dem Boden sitzen. Er wurde von den Wachen verprügelt, wenn er es nur wagte, aufzustehen. Außerdem musste Yoshi fast dauerhaft Handschellen tragen. Zur Verwunderung der Wärter gelang es Yoshie eines Tages aber tatsächlich, die Handschellen vor ihren Augen einfach aufzubrechen. Daher legten sie ihm schließlich spezielle Handschellen an, die nur einmal in der Woche geöffnet wurden, wenn er baden durfte. Die Handschellen waren so sicher, dass ein Spezialist jedes Mal 2 Stunden brauchte, um sie zu öffnen. Zusätzlich bekam er auch noch eine Fußkette angelegt.
Da Yoshie aber unbedingt wieder in Freiheit leben wollte, entwickelte er einen neuen Fluchtplan: Unbemerkt schüttete er jedes Mal ein bisschen von seiner Miso-Suppe auf bestimmte Stellen der Handschellen und der Fusskette, und so rostete das Metall langsam durch. 1944 konnte er die Ketten dann schließlich zerstören und nutzte eine Nacht, in der wegen des Krieges das ganze Gefängnis verdunkelt war, für seinen Ausbruch. Yoshi kugelte sich beide Schultern aus und zwängte sich durch den Essensschlitz in seiner Tür. Anschließend konnte der Japaner das Gefängnis unbemerkt verlassen und lebte die nächsten zwei Jahre in einer verlassenen Mine, tief versteckt in den Bergen.
Ausbruch Nr. 4
Als er auf dem Feld einer Farm in der Nähe eine Tomate stahl, wurde Yoshie allerdings vom Bauern erwischt und angegriffen. Yoshi wehrte sich, erstach den Farmer, was ihn nach seinen zwei Jahren in Freiheit nun wieder ins Gefängnis bringen sollte. Für seine früheren Ausbrüche und den Tod des Bauern bekam Yoshie nun allerdings keine Gefängnisstrafe mehr, sondern wurde direkt zum Tode verurteilt. Bis es so weit war, sollte er im Sapporo-Gefängnis in einer Hochsicherheitszelle einsitzen. Auch hier gab es wieder sehr hohe, glatte Wände und ein Oberlicht. Dieses war allerdings so klein, dass nicht einmal Yoshies Kopf durchgepasst hätte.
Weil die Wärter dachten, dass der Insasse so wirklich unmöglich entkommen könnte, legten sie ihm nicht einmal mehr Handschellen an. Ihr Fehler dabei war allerdings, sich nur auf die Möglichkeit eines Ausbruchs über das Dach zu konzentrieren. Yoshie hatte nämlich schon längst einen neuen Plan ausgeheckt. Und so kam es, wie es kommen musste: Yoshie grub sich mit seinen Suppenschüsseln als Schaufeln nach und nach einen Tunnel in den Boden und entkam 1947 schließlich zum insgesamt vierten Mal. Nach einem Jahr auf der Flucht spazierte Yoshie gerade durch einen Park, als er einen freundlichen Polizisten traf. Dieser bot ihm eine Zigarette an und Yoshie war von dieser Freundlichkeit so beeindruckt, dass er ihm anschließend freiwillig erzählte, wer er war und dass der Polizist ihn verhaften könne.
Und so kam der Japaner wieder einmal ins Gefängnis.
So ging die Geschichte über den gewieften Verbrecher aus
Allerdings wurde sein Fall zu seinem Glück vor Gericht neu verhandelt, und es wurde festgestellt, dass sein Angriff auf den Bauern Notwehr war und er bei keinem seiner Ausbrüche irgendjemanden angegriffen oder verletzt hatte. Daher wurde seine Todesstrafe dann auch in 20 Jahre Gefängnis umgewandelt, und er wurde in das Fuchu-Gefängnis in Tokio gesperrt. 1961 – nach 14 Jahren – wurde Yoshie dort dann aufgrund guter Führung entlassen und kehrte in seine Heimatstadt Aomori zurück, wo seine Tochter lebte. Seine Frau, die er in ihrer Ehe durch seine langjährigen Gefängnisaufenthalte kaum gesehen hatte, war zu diesem Zeitpunkt schon verstorben. Anschließend schlug sich Yoshie Shiratori noch ungefähr 10 Jahre in Freiheit mit verschiedenen Jobs durch, bis er 1979 im Alter von 71 Jahren schließlich an einem Herzinfarkt starb.
Seine Asche wurde von einer Nachbarin, die sich in seinen letzten Jahren um Yoshie kümmerte, am Mount Fuji begraben. Durch seine spektakulären Ausbrüche gilt Yoshie Shiratori noch heute als legendärer Antiheld in der japanischen Folklore. Während seiner Fluchten lief er teils bis zu 120 Kilometer am Tag, und dank seines guten Orientierungssinns war es ihm möglich, sich überall zurechtzufinden. Im Abashiri-Gefängnis-Museum ist Yoshie sogar ein Denkmal gewidmet worden, und außerdem gibt es Bücher, einen Blog, einen Film und eine Dokumentation über den legendären Ausbrecher – den Mann, den kein Gefängnis aufhalten konnte.
Schreibt uns doch mal in die Kommentare, mit welcher Methode ihr versuchen würdet aus dem Gefängnis auszubrechen. Vergesst auch nicht, diesen Beitrag zu bewerten.
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